Texte

Strand

Irgendwann schliefen wir ein. Mitten am Strand. Das letzte was ich erinnere ist verzerrtes Geschrei spielender Kinder im Sand. Es vermischt sich breiig mit Wind und Wellengang. Auf und ab, der Tiefgang des Gespräches der Nacht schmeckt nach bitter. Aber süß. Ist nicht so schlimm, das passiert doch alles nur im Kopf. Du hast Recht. Das alles hier ist nicht echt.

Hypothenuse

Zweieinhalb Hypothesen, nein. Wie soll ich denken mit Wein im Mund? Wohin schwebt all der ganze Qualm? Wir jetzt hier in meinem leeren Dschungel, mitten im Blütemonat. Stille hinten am Wasser und dort unten liegt die Stadt, da wolltest du immer sein. Lass mal ziehen. Du willst Entschleunigung? Mag sein.

Kastanien und Blätter. Überall. Das macht keinen Sinn am Strand. Der Wind hat gedreht. Ich muss Stunden unter Wasser gewesen sein. Wie lang war ich weg? Salz auf deiner Haut. Sand in meinem Bett. Sonnencreme weggespült. Ich mag dein Haar wenn es nass ist und sich wellt. Der schönsten Herbsttage des Jahres. Im Juli.


Herzschlag

Dein Herzschlag. Eines der wenigen Dinge, die ständig sind, egal was um dich herum geschieht. Egal ob Tag oder Nacht, ob schlaf oder wach. Ständig, jedenfalls so lange du bist. Wann hast du deinen das letzte Mal gehört? Hast du schon mal – wie man so schön sagt – auf dein Herz gehört? Hörst du ihm überhaupt noch zu? Mich stört mein Herzschlag manchmal. Besonders dann, wenn er nicht zu mir zugehören scheint, weil es schneller schlägt und geht, als der Moment in dem ich mich befinde.
Dein Herzschlag. Bringt mich. Ständig. Aus dem. Takt.

Vom ertrunkenen Pferd absteigen

Romantisch, dieser Ausblick von hier oben. Kann man nicht anders sagen. Muss man immer wieder hingucken. Wir schmeissen leere Bierpullen auf die Stadt, 40 Meter tief. Wie das klirrt, wie das hallt, wie das knallt und wie das schallt. Du brauchst dir die Tränen nicht aus deinem Gesicht zu wischen. Weißt du, das sieht kein Mensch, hier draußen im Regen.

Dein Iridium

Die gewissenhafte Magengegend übt Druck aus. Das bedeutet in der Regel Druckabfall in den Kabinen. Liebenswürdige Lippen drängen sich auf und verschwinden plötzlich im Trüben. Warum schwinden Ambitionen, wohin schwebt Gedankenlosigkeit? Denk nach. Der Karren jetzt im Dreck, nach einem Bier ums Eck. Alles Runterschlucken, wenn die letzten Nächte wieder hochkommen. Jetzt spielen Tausende Gitarre, die nie gedacht hätten, dass sie es könnten. Und du die erste Geige. Mit beiden Händen nehmen und doch nichts geben.

Maria

Sonntag ist Ruhetag. Weil die Nacht noch brennt in den Augen, weil der ganze Dreck ziept in den Haaren und weil alles so fürchterlich nach Rauch stinkt. Zum Frühstück Kaffee, Kippen und ein Blick. Kein Wort. Der alte Kassettenrekorder spielt deine alten Lieder, immer wieder und wieder. Die hast du mal aufgenommen. An Tagen wie diesen, wenn die Welt dort draußen hinter der matten und nicht geputzten Fensterscheibe schon längst wieder wach und hell war, die Container im Hafen knallten und man selbst noch schlaf- und betrunken, eingehüllt in frisch gewaschenen Decken lag. Du warst unermüdlich, unersättlich, Maria.

All das wegen der Feier im Garten — vom Liebeskummer bei Andachten und in Kathedralen

Ein Falter hockte an deinem Fenster 

Unterschiedlich und divers waren die Augen 

Nur der Deckel zeigt seine Konserve, denke ich 

Und wir spazieren durch alle Allianzen und Alleen im Herbst 


Doch weshalb rastest du am Bahnsteig, 

Sind dir die Tatsachen in den Taschen nicht gut genug? 

Weil dein Begleiter indes spazierte? 


Herrje, ich kleckerte so ständig, bis es Ohrfeigen gab 

Wie heute noch einen Orden verleihen, 

ihn fiktiv versenden und sein Etikett ausdehnen? 


Dein reguläres Antiquariat, es kleckert auf die Flüche 

Magazine, zig Magazine — 

die verlangen danach gelesen zu werden, 

was du meinst meine Liebe, 

ist der massentaugliche Liebeskummer 


Na schau an, das Bandpassfilter, das du jedes mal spürst, 

wie eine Liebelei der Cerebralisation 

Der Klügere gibt nach, nech? 

Ich sage ab, denn der Klügere ist ein charismatischer Jongleur 

Nur wo haben sich die Damenbauern verletzt?

Oma

Du liegst immer noch wach in deinem Bett, denn ein seltsames Fiepen breitet sich sinuswellenartig in deinem linken Ohr aus. Das geht nicht mehr weg. Damals sagte Großmutter, wenn es piept in deinem Ohr, für einen Moment, dann denkt jemand ganz Besonderes an dich. Ein Moment, was ist das schon? Berry, dieser alte, verrückte Mann an der Bar meinte heute Nacht bei einem Bier am Tresen: »Ein Moment, der ist hier, der ist jetzt. Momente kommen nie wieder.« Das Piepen im Ohr, das geht jetzt nicht mehr weg, das hört nicht mehr auf, das bleibt jetzt für immer. Du denkst jetzt also für immer an mich.